Nein? Ich bis vor kurzem auch nicht. Um diesem Wissensdefizit beizukommen, nutzte ich die Gelegenheit mich im Rahmen des Australian Day Tastings (ADT) am 23. Januar in London geduldig vor den Toren einer Masterclass mit dem vielversprechenden Thema „The Pepper Compound Rotundone in Shiraz“ anzustellen.
Das Australia Day Tasting ist die größte alljährlich stattfindende Verkostung von australischem Wein außerhalb Australiens und findet in London, Edinburgh und Dublin statt. Diese Tatsache allein zeigt die Bedeutung des Vereinigten Königreichs als einer der wichtigsten Exportmärkte für australische Weine.
Erforschung des Pfefferaromas
Mein geduldiges Warten wurde indes belohnt und ich konnte mir einen der begehrten Plätze im Seminarraum sichern. Veranstaltet wurde das Seminar übrigens vom Australian Wine Research Institute AWRI mit Sitz in Adelaide, das sich bereits seit über 10 Jahren an der Erforschung des Pfefferaromas in Shiraz zu schaffen macht und regelmäßig umfangreiche Panelverkostungen hierzu durchführt.
Demnach wurde Rotundon mit seinem lateinischen Namen cyperus rotundus, zu Deutsch „knolliges Zypergras“, als die tragende Substanz für das Pfefferaroma in Shiraztrauben identifiziert, es ist gewissermaßen das Herzstück seiner Seele, das Schlüsselaroma des australischen Shiraz. Darüber hinaus ist es auch verantwortlich für den pfeffrigen Charakter in Kräutern und Gewürzen wie Majoran, Rosmarin und Thymian.
Rotundonwerte steigen mit zunehmender Traubenreife an
Die Konzentration von Rotundon in Trauben hängt von vielen Faktoren ab. So haben die Weinbauparameter Erntezeitpunkt, verwendeter Klon, Ertragskraft der Reben und Entlaubung einen Einfluss auf das Niveau von Rotundon. Vor allem die Faktoren Temperatur und Sonnenlicht scheinen hierbei eine bedeutende Rolle zu spielen.
Das Level von Rotundon in Weintrauben steigt maßgeblich im letzten Stadium der Traubenreife an. Rotundon ist fast ausschließlich nur in der Haut der Trauben anzutreffen. Es ist ein sehr stabiler Aromastoff, der sich leicht von den Schalen extrahieren lässt und von der Weinherstellung relativ unbeeinflusst bleibt. Der Grenzwert für den Nachweis von Rotundon in Rotwein liegt bei 16 ng/l. Schon ein einziger Tropfen Rotundon würde demnach genügen, um das Wasser eines Schwimmbeckens in olympischer Größe pfeffrig schmecken zu lassen.
Nicht alle Menschen schmecken Rotundon
Interessant ist, daß die Konsumenten in den Panelverkostungen im Allgemeinen positiv auf gut integrierte Pfefferaromen im Wein reagieren, während ca. 20% der Panelteilnehmer auch bei einer Konzentration von über 4.000 ng/l keinerlei Pfeffrigkeit wahrnehmen. Es scheint also hier einen beträchtlichen Anteil von Menschen zu geben, die auf dieser Geschmacksknospe sensorisch „taub“ reagieren.
Ich für meinen Teil habe jedenfalls die Gelegenheit auf dem ADT genutzt, um möglichst viele Shirazweine zu verkosten und stelle fest, daß ich mit Rotundonwerten zwischen 35 und 75 ng/l bereits rundum glücklich bin!