Ja, es war wieder sehr heiß. Und sehr trocken. Ähnlich wie 2018. Trotzdem ist der neue Jahrgang ganz anders als sein Vorgänger.
Im Grunde ist 2019 ein ziemlich normaler Jahrgang. Die Menge etwas unter dem Durchschnitt, die Qualität voraussichtlich gut, in manchen Fällen sogar sehr gut. Aber gerade deshalb fällt der große Unterschied zum Vorjahr so sehr auf: 2018 war ein Ausreißer: frühreif, fett, säurearm und alkoholreich.
Die Sensation war aber, dass in vielen Gebieten sogar noch ausgesprochen viel geerntet werden konnte. Trotz Hitze und Trockenheit. Erklärungsversuche gibt es viele. Was noch am plausibelsten klingt ist die Tatsache, dass der Himmel im Winter 17/18 äußerst großzügig seine feuchten Gaben verteilte. So dass die Reben als Tiefwurzler in der nachfolgenden Saison auf gute Reserven zugreifen konnten.
Ebensolche gab es dann im Jahr 2019 dann leider nicht. Der Himmel hatte diesmal seine Gaben sparsamer zugeteilt. Und so litten die Reben erheblich unter der Trockenheit. Verbreitet auch unter Sonnenbrand. Umso erstaunlicher, dass dennoch eine halbwegs zufriedenstellende Menge eingefahren werden konnte.
Überhaupt war diesmal alles etwas „normaler“ als im Vorjahr: Der Lesebeginn im August war diesmal im Gegensatz zum Vorjahr die große Ausnahme. Die Zuckerwerte waren nicht ganz so hoch und die Säurewerte nicht ganz so tief wie 2018. Die Jungweine präsentieren sich zurzeit schlanker, frischer und lebendiger als ihre vollmundigen und säuremilden Vorgänger. 2018 ist somit prädestiniert als großes Rotweinjahr. Vor allem dort, wo die Erträge nicht zu sehr ins Kraut geschossen sind. Demgegenüber kündigt sich mit 2019 wieder ein Jahr für finessenreiche Weißweine an.
Das bisher Gesagte gilt im Großen und Ganzen für ganz Europa, insbesondere aber für die nördlichen Weinbaugebiete, wie Deutschland oder Nordfrankreich. Für den Süden ist etwas mehr Differenzierung nötig.
Die großen Erträge trotz Hitze gab es im Jahr 2018 zwar auch in Spanien und großen Teilen Italiens, aber nicht in Südfrankreich. Dort folgten mit 17 und 18 zwei mengenmäßig kleine Jahrgänge aufeinander. Die neue Ernte liegt dort zwar erneut etwas unter dem Durchschnitt, bringt aber im Vergleich zu den Vorjahren eine leichte Entspannung.
Im Jahr 2019 lässt sich insgesamt für den südlichen Teil Europas inklusive Bordeaux von leicht unterdurchschnittlichen Erntemengen sprechen. Die allerdings erst mal noch keine Preissteigerungen nach sich ziehen, da viele Produzenten noch Bestände vom reichlichen Vorgänger-Jahrgang in den Fässern haben.
Die Jahrgänge 2018 und 2019 zeigen vor allem eines: Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinbau und damit auf den Stil der Weine wird immer deutlicher. Anpassungen bei der Laubarbeit oder bei der Sortenwahl sind unabdingbar.
Wie groß die Veränderungen bereits sind, lässt sich an einer Entscheidung ablesen, die das Weinbaugebiet Bordeaux in diesem Jahr getroffen hat: sieben Rebsorten wurden neu für den Anbau frei gegeben. Darunter Touriga Nacional und Marselan.
Erstere ist im heißen Dourotal in Portugal beheimatet und dient dort unter anderem zur Herstellung von Portwein. Marselan ist eine französische Neuzüchtung, die ursprünglich für den Anbau im mediterranen Süden Frankreichs gedacht war. Es handelt sich um eine Kreuzung von Grenache Noir und Cabernet-Sauvignon.
Benötigt werden die neuen Hitze-geeigneten Sorten in Bordeaux, weil die dortige Hauptsorte Merlot immer früher reift und für immer höhere Alkoholwerte sorgt. Derweil fühlt sich Merlot in Deutschland bereits recht wohl. Hätten wir vor noch gar nicht so langer Zeit kaum für möglich gehalten…