Der mobile Wein-Podcast „Genuss im Bus“ von Wolfgang Staudt war mit seinem „Hotel California“ und rockigen Westcoast Sounds im Ohr an der Mosel unterwegs. In Winningen, der größten Weinbaugemeinde an der Terrassenmosel, wartete eine interessante Gesprächspartnerin auf ihn und seinen Kollegen Frank Haupenthal.
Die Szenerie rund um den Ort Winningen ist von steilen Terrassenweinbergen geprägt. Und weil das Mikroklima im Sommer hier gelegentlich auch schon mal subtropisch ausfallen kann, handelt es sich um einen idealen Lebensraum für wärmeliebende Schlangen, Eidechsen und einen ganz besonders seltenen Schmetterling, den „Apollo Vinningensis“.
Die Reben stehen hier auf einem Untergrund, der vor rund 400 Millionen Jahren im Devon-Zeitalter entstand, also zu einer Zeit, als unser heutiges Europa noch irgendwo in den Tropen südlich des Äquators lag.
Wolfgang beschreibt seine Reiseeindrücke wie folgt:
„Bevor wir in Winningen einlaufen, fahren wir – von Gondorf und Kobern kommend – an einer der großartigsten Riesling-Lagen Deutschlands vorbei, dem Uhlen. Schon der bloße Anblick weckt Emotionen. Das gewaltige Terrassensystem wirkt ungemein archaisch. Ich reduziere die Geschwindigkeit und finde, dieser Hang wird nicht zu unrecht gelegentlich mit der Fassade einer mächtigen gotischen Kathedrale verglichen. Wie ein in den Fels gehauenes Kunstwerk.
Wohin man blickt, scheinen Schiefermauern aus dem Fels zu wachsen. Die Einheimischen nennen sie „Chöre“. Dicht gedrängt, über knapp zwei Kilometer Länge, ziehen sich die Terrassen am Fluss entlang. Eine enorm breite, vielstufige Treppe, entstanden aus den Händen vieler Generationen. Der bloße Anblick genügt, um zu erkennen, dass die Weine, die von hier kommen, etwas Besonderes sein müssen.
Das Weingut Heymann-Löwenstein gilt in Winningen als Platzhirsch. Es genießt überregionalen Ruf und auch im Ausland ist es einschlägigen Kennern als exzellente Riesling-Adresse bekannt. Gegründet wurde es im Jahre 1980 von Reinhard Löwenstein und seiner Frau Cornelia Heymann-Löwenstein. Nun legen die beiden die Verantwortung peu á peu in die Hände ihrer Tochter Sarah.
Mit ihr haben wir gesprochen. Uns interessierte, was die 33jährige Sarah zum Thema „Weinstilistik“ zu sagen hat. Schließlich tritt sie in die Fußstapfen eines Revolutionärs, übernimmt das Erbe eines Avantgardisten, eines unermüdlichen Aktivisten für die Sache des Terroirgedankens. Wie kein anderer an der Mosel hat Reinhard Löwenstein die Auffassung vom Weinmachen geprägt und verändert, wenn man so will, vom Kopf auf die Füße gestellt, und den Weg für eine schonende, einfühlsame und natürliche Weinbereitung geebnet.
Wir wollen von Sarah wissen, ob sie diesen Weg weitergeht, ob sie mit ihren Eltern dieselben Visionen teilt und bereit ist, auch die Risiken zu tragen, die mit so einer tendenziell unkonventionellen Önologie einhergehen. Ob sie bereit ist, die Geduld und das Vertrauen ihrer Eltern aufzubringen, das notwendig ist, wenn man den Prozess der Weinwerdung weitgehend sich selbst überlässt.
Welche Weine können wir von Sarah zukünftig erwarten? Seit ihr Einfluss größer geworden ist, so unser Eindruck, sind stilistische Veränderungen unverkennbar. An welchen Stellschrauben hat sie gedreht? Oder hat sie gar am Grundkonzept, an der elementaren Ausrichtung der Heymann-Löwenstein’schen Betriebsphilosophie Veränderungen vorgenommen?
Schließlich sind wir gespannt, welchen Plan die junge Winzerin und Mutter zweier Kinder vom Leben hat und mit welchen Einstellungen und Überzeugungen sie den tagtäglichen Herausforderungen begegnet.
Als wir uns knapp zwei Stunden später verabschieden und wieder im Bulli sitzen, sind wir beeindruckt und ein wenig überrascht, wie selbstbewusst, gelassen und unaufgeregt diese junge Frau uns Rede und Antwort stand. Freut Euch auf ein spannendes, teilweise tiefsinniges Gespräch.“
Hörbar ist das Ganze wie immer über folgende Links:
Zum Podcast oder bei iTunes und Spotify.